In blauem Neonlicht prangte im Jahr 2005 der Slogan „All Art Has Been Contemporary“ am Alten Museum in Berlin. Maurizio Nannuccis greller Schriftzug macht den transtemporalen, mehrere Zeitlichkeiten in sich vereinenden Charakter von Kunst deutlich. Gleichsam verweist er auf die Schwierigkeit den Gegenwartsbegriffs zu bestimmen. Also: Was genau umfasst eigentlich das zeitgenössische Verständnis von Zeit und Gegenwart als Thema in der Kunst?
Das Seminar gibt Einblicke in unterschiedliche Zeitkonzepte und -systeme der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, die sich in die Abschnitte Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gliedern. Im Fokus der Analyse stehen Kunstwerke, anhand derer der Frage nachgegangen wird, wie sich Zeit jeweils in ihnen offenbart. Grundlegend hierfür sind theoretische und künstlerische Standpunkte, die Vergangenes aufgreifen, sich mit der jeweiligen Gegenwart beschäftigen oder eine ‚futuristische‘ Perspektive einnehmen. Es geht also z. B. um die multimediale Darstellung oder Thematisierung von Zeit durch Künstler*innen wie etwa Salvador Dalí, Ana Mendieta, KP Brehmer, On Kawaras und Alicja Kwade.
Zudem werden die künstlerischen Praktiken mit kunsthistorischen Methoden verflochten: Beispielweise beinhaltet die postkoloniale Auseinandersetzung mit Geschichte – etwa im Ancestralismo (Isabel Rith-Magni) – oft die Beschäftigung mit Identitäten und fragt, ob das Rückbesinnen Rückschritt bedeuten muss. Ebenso geben Zukunftsideen und Utopien etwa im Afrofuturismus Aufschluss über den Wunsch nach Veränderung. Doch auch die Jetztzeit, in der wir Gegenwartskunst als Ideologie befragen und über Gegenwartsbewältigung (Max Czollek) nachdenken, wird Thema des Seminars sein.