
Galten Musen ursprünglich in der Antike als „wichtigste göttliche Instanzen geistiger Inspiration und aufgrund des umfassenden Wissens, das ihnen zugeschrieben wird, [als] Träger des kulturellen Gedächtnisses“[1], so lässt sich durch die Geschichte hindurch eine Umdeutung dieser essentiellen Figuren der Kunst(-Geschichte) beobachten.
Spätestens bei Émile Zola, der in seinem Roman Das Werk (1886) die fiktionalisierte Realität der Kunstschaffenden im Paris des späten 19. Jahrhunderts beschreibt, wird die Figur der Muse einer kritischen Lesart unterzogen.
Eine neue Facette erhält die Muse, wenn sie mit der Künstler*in kongruent ist. Wenn beispielsweise Suzanne Valadon von der Muse zur Künstler*in transformiert und in ihren Bildern die Verschränkung dieser Rollen reflektiert, wenn sie einen Akt mit Palette zeichnet.
Wie lässt sich der Stellenwert von Musen im künstlerischen Prozess beurteilen - beispielsweise bei Anne Imhof und Eliza Douglas? Wie lassen sich Musen heute greifen? Wo liegt der Unterschied zwischen Muse und Modell? Was geschieht, wenn die Figur einer feministischen Lesart unterzogen wird?
[1] Art. „Muse“, in: Reallexikon für Antike und Christentum, S. 184–220, hier S. 184.
- Lehrende/r: Lena Horn
Montag 13:30-15:00 Uhr, Raum 221/ Güntzstraße 34, Lehrender: Dr. Frank Schmidt
Gärten, in denen Narren mit entblößten Geschlechtern und unzüchtigen Gesten um Frauen werben, gehören ebenso zum Motivbestand der spätmittelalterlichen Kunst wie Bildteppiche, die von Einhörnern, Jungfrauen und sogenannten wilden Menschen bevölkert werden. Auch in der Folge erfreuten sich Darstellungen, die Fragen der menschlichen Sexualität dezidiert in den Blick nehmen, großer Popularität. Das gilt besonders für sogenannte Weibermachtsszenen, in denen Frauen Männer durch List und Stärke besiegen, verführen oder erniedrigen. Neben misogynen Positionen spiegeln die Kunstwerke auch zeitgenössische Diskurse zu Geschlechterrollen und Fragen der Geschlechtlichkeit. Hinsichtlich ihrer neu konzipierten Sujets können die Motive damit als emblematisch für den Epochenübergang gelten, an dem sie entstanden sind.
Ziel des Seminars ist es, sich der frühneuzeitlichen Kunst unter dem benannten Fokus zu nähern und exemplarische Werke vergleichend miteinander zu diskutieren. Hierzu soll ein Bogen von den Anfängen der Druckgraphik bis zu Genreszenen des 17. Jahrhunderts gespannt werden. Aufgrund enger Verknüpfungen werden hierbei auch Bezüge zur zeitgenössischen Literatur eine Rolle spielen.
Blockseminar/ Raum 221 Güntzstraße 34/ Lehrende: Prof. Dr. Daniela Wagner
Vorbesprechung: 25. April, 14-16 Uhr
Block 1: 9. Mai, 12-17 Uhr; 10. Mai, 10-14 Uhr
Block 2: 23. Mai, 12-17 Uhr; 24. Mai, 10-15 Uhr
Block 3: 6. Juni, 12-17 Uhr; 7. Juni, 10-14 Uhr
Die Bildkünste der Vormoderne sind stumm. Sie können Klänge nur visuell vermitteln, gesprochen wird in Gesten oder Schriftbändern, Musik erklingt nur in unserer Imagination, wenn wir sehen, wie ein Instrument gespielt, wie gesungen wird. Dennoch ist das Auditive ein wiederkehrendes Thema in der Kunst, immer wieder werden Klänge oder auch Stille im Bild dargestellt. Diesem Paradox der Darstellung des Klingenden im stummen Medium möchte sich das Seminar widmen. Den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Werke werden wir uns über die (Inter-)Medialität von Bild und Klang annähern und dabei Ansätze der Sound Studies mit kunsthistorischen Herangehensweisen verknüpfen.
Vorbesprechung am 16.4., 15.15 Uhr/ Raum 227 Güntzstraße 34
Termine des Blockseminars jeweils ab 10 Uhr 26.4., 10.5., 24.5/ Raum 227 Güntzstraße 34
Obwohl die Zeit von 1500 bis 1800 geprägt war durch gesellschaftliche und politische Veränderungen und Umbrüche, hatten Frauen kaum Zugang zu künstlerischen Ausbildungsstätten und zu öffentlichen Positionen. Trotz dieser Ausschlüsse und Hürden schufen Künstlerinnen Werke, die sie ausstellten und die Anerkennung bei Kunstkritikern und einer Käuferschaft fanden. Mögliche Handlungsräume waren hier das eigene Heim, in dem die Künstlerinnen von ihren Vätern, Brüdern oder befreundeten Künstlern ausgebildet wurden oder die europäischen Höfe an denen teilweise auch Künstlerinnen engagiert wurden. Das Seminar möchte einen Überblick über Künstlerinnen der Frühen Neuzeit vermitteln, ihre Karrierewege beleuchten sowie ihre Werke analysieren. Wir widmen uns im Seminar unter anderem den Künstlerinnen Artemisia Gentileschi, Sofonisba Anguissola, Levina Teerlinc, Frede Galizia, Caterina van Hemessen, Judith Leyster, Maria Sibylla Merian, Rachel Ruysch und Maria van Oosterwijck.
Einführende Literatur:
Anne-Marie Bonnet (Hg.): Frauen in der frühen Neuzeit: Lebensentwürfe in Kunst und Literatur, Köln 2004 Susanne Rode-Breymann (Hg.): Der Hof. Ort kulturellen Handelns in der Frühen Neuzeit, Köln 2013 Gesa Stedeman/Margarete Zimmermann (Hg.): Höfe – Salons – Akademien:
Kulturtransfer und Gender im Europa der Frühen Neuzeit, Olms 2007
- Lehrende/r: Silke Förschler

Das Gefühl, sich selbst fremd zu werden, beschreibt einen Zustand des Unbehagens, der oft mit Orientierungslosigkeit einhergeht. In Zeiten gesellschaftlicher und individueller Verunsicherung haben Künstler*innen immer wieder nach neuen Identitätskonstruktionen gesucht – sei es durch die Beschäftigung mit ihnen nicht zugehörigen Kulturen oder durch die (Re-)Konstruktion ihrer eigenen Herkunft. Kunsthistorisch diente besonders im 19. und frühen 20. Jahrhundert der Blick auf das – in Kontrast zu einem selbst konstruierte – „Andere“ nicht nur der Auseinandersetzung mit dem Fremden, sondern auch der Reflexion des Eigenen.
Im Seminar analysieren wir künstlerische Konstruktionen, Narrationen und Rezeptionen in den Kunstströmungen des Orientalismus, Primitivismus und Indigenismus, die jeweils spezifische Weise koloniale Blickregime reflektieren. Der Fokus liegt dabei auf Künstler*innen wie Francisco Laso (1823–1869), Adolf Schreyer (1828–1899), Henriette Browne (1829–1901), Marià Fortuny (1838–1874), Osman Hamdi Bey (1842–1910), Max Slevogt (1868–1932), Elena Izcue (1889–1970) und Kapwani Kiwanga (*1978).
Wir untersuchen zudem, inwiefern sich künstlerische Positionen mit den jeweiligen zeitgenössischen theoretischen Diskursen und historischen Kontexten überschneiden. Dabei stehen folgende Fragen im Fokus: Wie kamen Künstler*innen in die koloniale Situation? Wie setzten sie sich in postkolonialen Kontexten mit eurozentristischen Vorstellungen des Globalen Südens auseinander? Welche Mythen werden (de-)konstruiert und welche Narrative von wem (re-)produziert?
Literatur zur Orientierung:
Linda Nochlin, “The Imaginary Orient,” A. America, IXXI/5 (1983), 118–31; Bärbel Küster, Matisse und Picasso als Kulturreisende: Primitivismus und Anthropologie um 1900, Berlin 2003; Susanne Leeb, Die Kunst der Anderen: ‚Weltkunst‘ und die anthropologische Konfiguration der Moderne, Berlin 2015; Amanda Cohen-Aponte, „Forging a popular art history. Indigenismo and the art of colonial Peru“, Nr. RES 67/68 (2017), 273–189; Rebecca Steger et al. (Hrsg.), Subalternativen. Postkoloniale Kritik und dekolonialer Widerstand in Lateinamerika, Münster 2017; Norma Broude, Gauguin’s Challenge: New Perspectives after Postmodernism, New York 2018; Edward W Said und Hans Günter Holl, Orientalismus, Frankfurt am Main 2019; María do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan, Postkoloniale Theorie: eine kritische Einführung, Bielefeld 2020; Natalia Majluf, Inventing Indigenism. Francisco Laso’s Image of Modern Peru, Austin 2021; Wael B Hallaq und Dirk Höfer, Orientalismus als Symptom: eine Kritik des modernen Wissens, Berlin 2022; Onur Erdur, Schule des Südens: die kolonialen Wurzeln der französischen Theorie, Berlin 2024.
- Lehrende/r: Franciska Nowel Camino
Prof. Dr. Angela Matyssek, Dienstag, 13:30–15 Uhr, Güntzstr. 34, Raum 221 (Beginn 15.4.2025)
Digitale Bildproduktion und -medien haben das Verständnis und die Verwendungsweisen von Bildern, visueller Evidenz und Kommunikation beträchtlich erweitert und verändert. Im Seminar betrachten wir unterschiedliche Aspekte und Ebenen digitaler Bildkulturen wie Überwachungsbilder, Gesichtserkennung, Suchmaschinen, Zensur oder Filter. Wie funktionieren sie technisch? Welche soziopolitischen und ökonomischen Versprechen, aber auch Konsequenzen sind mit ihnen verbunden? Welche ästhetischen Formen nehmen die Bilder an? Und vor allem: Wie gehen wir damit um, dass sie in Wahrnehmung und Realität eingreifen? Und wie evaluieren wir (visuelle) Behauptungen und Begründungen? Neben der kulturhistorischen Verortung steht die Analyse zeitgenössischer Kunstwerke, die digitale Entwicklungen affirmieren, kommentieren oder kritisch reflektieren, im Zentrum des Seminars.
Literatur zur Orientierung: Ausst.kat. Glitch: Die Kunst der Störung, hg. von Franziska Kunze, Pinakothek der Moderne München, Berlin 2023; Charlotte Klonk, Revolution im Rückwärtsgang. Der 6. Januar 2021 und die Bedeutung der Bilder, Köln 2021; André Gunthert, Das geteilte Bild: Essays zur digitalen Fotografie, Konstanz 2019; Roland Meyer, Operative Porträts: Eine Bildgeschichte der Identifizierbarkeit von Lavater bis Facebook, Konstanz 2019; Winfried Gerling, Susanne Holschbach und Petra Löffler, Bilder verteilen: Fotografische Praktiken in der digitalen Kultur, Bielefeld 2018 und die Bände der von Annekathrin Kohout und Wolfgang Ullrich herausgegebenen Reihe Digitale Bildkulturen (Wagenbach Verlag, seit 2019).
- Lehrende/r: Angela Matyssek
Kunst im öffentlichen Raum – z.B. in Parks, Fußgängerzonen, auf Straßen und Plätzen oder vor öffentlichen Gebäuden – hat einen gesellschaftlichen Auftrag. Sie richtet sich anders als Kunstwerke in Ausstellungsräumen an ein breites und zumeist unfreiwilliges Publikum. Historisch handelte es sich bei Werken, die sich in den Stadtraum einschrieben, um Auftragsarbeiten für Kirche, Höfe, Staaten oder Städte, die zumeist der politischen Selbstrepräsentation dienten. In den 1970–80er Jahren war die Gestaltung des öffentlichen Raums mit Kunst in Deutschland unter dem Schlagwort „Kunst für alle!“ kommunales, von kulturpolitischem Antrieb getragenes Projekt, das der urbanen Kultur wie der Standortförderung dienen sollte. Künstlerische Wiederaneignungsversuche der öffentlichen Sphäre und Erweiterungen des Kunstbegriffs seit den 1990er Jahren zielten auf das Temporäre, Performative und vor allem Community Building. Wo steht diese Kunstform heute? Im Seminar analysieren wir historische und aktuelle Fallbeispiele und ihre mitunter kontroverse Rezeption. Wir diskutieren dabei die Ambivalenzen von ortsspezifischer Arbeit vs. „drop sculpture“, Kontextbindung vs. Kontextlosigkeit bzw. sich verlierender Kontexte, skandalisierter Rezeption vs. dem Unsichtbarwerden vieler Arbeiten sowie die Herausforderungen von Vandalismus und der Vermittlung.
Literatur zur Orientierung: Regine Barta u. a. (Hg.), Die Archivierung der Gegenwart. Über den Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum, Wien 2024; Ursula Frohne und Marianne Wagner (Hg.), Public Matters. Debatten und Dokumente aus dem Skulptur Projekte Archiv, Köln 2019; Hubertus Butin, Kunst im öffentlichen Raum, in: Ders. (Hg.), DuMonts Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst, Köln 2014, 163–169; Ausst.kat. A Space Called Public/Hoffentlich Öffentlich, hg. von Ingar Dragset u. a., Kulturreferat der Landeshauptstadt München, Köln 2014; Florian Matzner (Hg.), Public Art. Kunst im öffentlichen Raum, Ostfildern-Ruit 2004; Miwon Kwon, One Place After Another. Site-specific art and locational identity, Cambridge/MA 2002; Marius Babias und Achim Könneke (Hg.), Die Kunst des Öffentlichen. Projekte, Ideen, Stadtplanungsprozesse im politischen, sozialen, öffentlichen Raum, Amsterdam/Dresden 1998; Walter Grasskamp (Hg.), Unerwünschte Monumente. Moderne Kunst im Stadtraum, München 1989.
- Lehrende/r: Angela Matyssek
SE Avantgarden 1907–68
Prof. Dr. Angela Matyssek, Dienstag, 11–12:30 Uhr, Güntzstr. 34, Raum 221 (Beginn 15.4.2025)
Das Seminar ist als stichprobenartiger Überblick über die Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angelegt, die sich dem Avantgardismus verschrieb: darunter Futurismus, Dada, Konstruktivismus, Surrealismus, Abstrakter Expressionismus und die Situationisten. Der ursprünglich militärische Begriff Avantgarde meint die Vorhut. In die Kunst gewendet umfasst er unter dem Vorzeichen des Fortschrittsglaubens einen Angriff auf das Etablierte, Institutionen wie Ästhetik. Avantgardistische Bewegungen zielten auf eine Veränderung der Gesellschaft qua Kunst und die Vereinigung von Kunst und Lebenspraxis. Kennzeichen von Avantgarden sind neben dieser politischen Dimension und ihren entsprechend utopischen Entwürfen Radikalität, Provokation und der Anspruch auf Originalität. Wir analysieren Werke und lesen Manifeste, um die jeweiligen Forderungen und Ziele einander gegenüberzustellen. Außerdem besuchen wir das von Egidio Marzona aufgebaute Archiv der Avantgarden, das heute Teil der SKD ist.
Literatur zur Orientierung: Wolfgang Asholt, Das lange Leben der Avantgarde. Eine Theoriegeschichte, Göttingen 2024; Rita Kersting und Petra Mandt (Hg.), Russische Avantgarde im Museum Ludwig: Original und Fälschung – Fragen, Untersuchungen, Erklärungen, Köln 2020; Walter Fähnders, Projekt Avantgarde, Bielefeld 2019; Astrit Schmidt-Burkhardt, Stammbäume der Kunst. Zur Genealogie der Avantgarde, Berlin 2005; Klaus von Beyme, Das Zeitalter der Avantgarden. Kunst und Gesellschaft 1905–1955, München 2005; Wolfgang Asholt und Walter Fähnders (Hg.), Manifeste und Proklamationen der europäischen Avantgarde (1909–1938), Stuttgart und Weimar 1995
- Lehrende/r: Angela Matyssek